Optimierungen außen

Nichts für zarte Nerven: Radträger

Eigentlich wollten wir den Titel dieses Beitrages „Mein Krampf“ nennen. Wir dachten uns dann aber, das könnte der Eine oder Andere von Euch missverstehen. Obwohl – es wäre durchaus treffender gewesen.

Die lange Version für Hartgesottene direkt hier folgend, die kurze Zusammenfassung weiter unten auf der Seite. Good Luck!

Von vorne: Wie wahrscheinlich ein Großteil aller Kastenwagenfahrer, haben wir beim Kauf einen Radträger der Firma Thule an unserem Fahrzeug montieren lassen. Dieser beschränkt seine Traglast allerdings auf 35 kg. Bei zwei E-Bikes ist das einfach zu wenig, auch, wenn mein Rad lediglich 17,5 kg wiegt. Nun fahren wir ausschließlich Landstraße und damit verdammt schlechte Wege. Da der Thule-Träger auf die Tür geklebt wird, hatten wir Sorge, dass sich dieser Kleber durch die ganzen Erschütterungen sowie die Überladung doch in absehbarer Zeit löst und letztlich ein hinter uns fahrendes Fahrzeug das Nachsehen haben könnte. Irgendwie musste eine andere Lösung her.

Rabbi, in gewohnter Manier, setzte sich daraufhin intensiv mit dem Thema „Radträger Kastenwagen“ auseinander. Dabei hat er einige Händler – wenn diese denn überhaupt antworteten und liefern konnten – mit seinen Fragen in den Wahnsinn getrieben.

Auch Ehe-intern haben wir viel diskutiert:

  • Das Leben im Kastenwagen ist schon etwas anderes, als eine Urlaubsreise, die man hin und wieder vornimmt. Wir sind tagsüber am arbeiten, also fragten wir uns: wann kommen wir denn nun wirklich zum Radfahren? Und legen wir dann tatsächlich so weite Strecken zurück, dass wir einen Motor bräuchten?
  • Unsere Solarpanels sind mit 200 Watt für das, was wir so treiben leider echt knapp bemessen (Beitrag dazu folgt noch). Das heißt: wenn keine Stromsäule in Sicht ist, müssen wir fahren. Den Motor im Stand laufen lassen, stellt für uns keine Option dar. Soviel ökologisches Gewissen ist bei uns dann doch vorhanden.
  • Wir stehen sehr gerne frei. Daher verweilen wir nicht allzu lange an einem Ort (max. ein bis zwei Tage). Auch hier stellten wir uns die Frage: fahren wir dann in dieser Zeit überhaupt mit dem Rad?
  • Letztlich ist es aber so, dass Rabbi sein E-Bike wirklich gerne fährt. Ich fahre meines in der Regel ohne Motor. Es gab aber auch schon Situationen, in denen ich froh war, diesen zu haben (12 km nur geradeaus und Gegenwind stinken einfach…).

Nach dem ganzen Hin und Her haben wir uns trotzdem für den Wechsel des Trägers entschieden. Die Wahl fiel dabei auf den EuroCarry 66201. Allerdings haben wir zu lange überlegt, denn innerhalb von 4 Monaten ist der Preis von 880,- Euro auf 1215,- Euro angestiegen. Ein Hoch auf die Inflation.

Und warum der EuroCarry?

Die allgemeine Crowd schwört auf diesen Träger:

  • robust
  • 60kg Traglast
  • Verbaut wird der Träger auf den Scharnieren des Kastenwagens, schont damit die Türen.
  • In Bezug auf die Alternativen handelt es sich mit circa 14 kg um einen leichteren Anbau. Im Vergleich: eine Anhängerkupplung allein bringt schon 28kg an Plus.

Nach zwei Anfragen, eine davon blieb unbeantwortet, ging es dann doch schneller, als erwartet. Innerhalb von drei Wochen hatten wir Träger und Montagetermin bei der Firma Rauert Reisemobile in Westerstede. Ja, sicherlich kann man den Träger auch selbst montieren. Wir haben uns bewusst fürs „Machen-lassen“ entschieden, um auf der ganz sicheren Seite zu sein.

Voller Freude also fix zum Händler, Gartenstühlchen raus und warten bis das gute Stück am Heck hängt. Angesetzte Montagedauer: 30 AWs à 5 Minuten (2,5 Stunden). Tipp für alle, die wie wir manchmal etwas naiv durchs Geschäftsleben gehen: immer schön nachfragen, ob eine 1 AW 5 oder 6 Minuten entspricht. Wir hatten nämlich nicht gefragt.

Als unsere Elfie mit dem Träger aus der Werkstatt kam, wurde die Vorfreude allerdings nicht nur gebremst. Sie wurde plattgewalzt. Geradezu vernichtet. Ich sah die Elfie von hinten und dachte nur: „Was ein absolutes Scheißding!

Begründung:

  • Die Hecktüren lassen sich mit dem EuroCarry nicht mehr so einfach öffnen, wie bei einem Thule-Radträger, der auf die Tür geklebt ist. Letzter wird mit der Tür gemeinsam geöffnet, der EuroCarry ist zuerst aus seiner Verankerung zu lösen, bevor die Hecktüren sich öffnen lassen. Das wird dann nervig, wenn man vergisst, etwas aus dem Auto zu nehmen und das passiert deutlich öfter, als man zunächst denkt. Beispiel: Rabbi legt den Verschluss unseres Frischwasser-Einfüllstutzen immer ins Auto. Er füllt dann das Wasser auf, packt seine Utensilien danach wieder akkurat zusammen. Hecktüren zu und abschließend den Radträger fixiert, alles auf Herz und Nieren geprüft, um dann festzustellen, dass die Verschlusskappe immer noch im Auto liegt…
  • Die Montage der zuvor vorhandenen Gummipuffer (Fiat Ducato) ist in der Montageanleitung des EuroCarrys nicht vorgesehen. Es sieht aber einfach kacke aus, wenn man von hinten auf seinen geliebten Kastenwagen schaut und dann auf jeder Seite Löcher sieht. Rabbi hat die Gummipuffer jetzt selbst zugeschnitten und wieder angeschraubt.
  • Keine Abdeckkappen auf den Schrauben. Bei dem Preis sind diese, unseres Erachtens nach, erwartbar. Der gesamte Träger ist mattschwarz, und dann lässt man die Schrauben einfach so blitzen?
  • Zum Halten der Räder sind ausschließlich Ratschen vorhanden. Es gibt keine abschließbaren Klammern. Der Träger umfasst in seiner Auslieferungsversion demnach kein Schloss und folglich keine Möglichkeit, die Räder zu sichern. Diese können nur bei anderen Herstellern als Zusatzbehör (= zusätzliche Kosten) erworben werden oder man greift auf ein separates Radschloss (= zusätzliches Gewicht & Kosten) zurück. Verwöhnt von unseren bisherigen Thule-Trägern, sind wir nicht mal im Ansatz davon ausgegangen, dass es so etwas überhaupt gibt. In den einschlägigen Foren wurde dieser Aspekt nicht thematisiert.
  • Die vorhandenen Halte-Arme für die Räder sind sehr kurz. So war es ein ganz schönes Gerammel, bis alles passte. Auch hier würde sich anbieten, insbesondere den zweiten Halte-Arm in einer längeren Variante in der Grundversion auszuliefern.
  • Darüber hinaus ist der untere Teil, auf dem die Räder stehen der einzige Part des Trägers, der nicht mit Ratschen ausgestattet ist (finde den Fehler). Dieser wird nur festgeklemmt und wirkt wenig vertrauenserweckend. Wir nutzen daher einen Spanngurt, um den Bereich zu fixieren (Bild: in blau zu sehen). Zur Erinnerung: das Ding kostet 1215,- Euro.
  • Das Beste kam aber direkt zuerst: Für Menschen > 1,60 m ist kaum ein Rankommen an den oberen Bolzen, um diesen aus seiner Steckvorrichtung zu lösen. Ohne dem lässt sich der Träger nur leider nicht öffnen. Wenn man täglich an die Hecktüren muss ist das ein echtes Gehampel. Ich persönlich habe auch meinen Stolz und möchte nicht ewig mit dem Tritt ums Auto flitzen.

Bei uns im Norden sagt man „ich hatte einige Tage echte Kackreize“. So war nicht nur der Tag der Abholung gelaufen. Auch die darauffolgende Tage hatte ich aber sowas von schlechte Laune. Ich hasse Abhängigkeit. Klar, die Räder bekomme ich auch nicht ohne Hilfe auf den Träger, aber ich möchte nicht jedes Mal meinen Schatz bitten, mir die Türen hinten zu öffnen.

Nach nun fast zwei Wochen habe ich mich mit dem Träger arrangiert. Mit einem kleinen Tipp für die kürzeren Lebewesen unter uns: einem Klettband.

Wenn man nämlich den Träger schließt, Räder drauf stehen, geht der untere Bolzen besser in die vorgesehen Halterung als obere. Heißt: oben muss man mit einem Handkantenschlag nachhelfen. Das führt allerdings dazu, dass der frei rumbaumelnde Bolzen gegen die Plastikscheibe an der Hecktür haut. Das will natürlich niemand. Herstellerseitig könnte das Problem direkt umgangen werden, indem man den Träger mit zwei Bohrungen versieht (oben und unten), in denen man die Bolzen beim Aufklappvorgang reinsteckt.

Fazit & Tipps für den Hersteller:

Unterm Strich haben wir einfach mehr erwartet.

  • Ein Hinweis in der Montageanleitung für den Zuschnitt der Gummipuffer bei gängigen Fahrzeugen, wie z.B. Fiat Ducato, Peugeot oder Citroën wäre schön und mit wenig Aufwand verbunden ist.
  • Ein Beifügen von Abdeckkappen für die Optik würden wir regelrecht feiern.
  • Löcher für die Bolzen, um diese beim Öffnen sicher unterzubringen und Schäden am Fahrzeug zu vermeiden. Hilft insbesondere den kürzeren Erdenbewohnern unter uns.
  • Ratschen für die Befestigung der Seite, auf der sich die Schienen für die Räder befinden, um ein Hochspringen bei Schlechtwege-Strecken zu vermeiden.
  • Einen längeren zweiten Halte-Arm in der Auslieferungsausstattung des Trägers, erleichtert auch dem etwas älterem Kaliber das Befestigen der Räder.
  • Abschließbare Krallen und/ oder von unten abschließbare Bolzen würden helfen, Träger und Räder zu sichern.

Der eheliche Frieden ist, Gott sei Dank, inzwischen wieder eingekehrt, aber so richtig angekommen in der Welt des EuroCarrys sind wir beide noch nicht.

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert