Geschichten

Bargeld, was ist das denn?

Manche Geschichten, die das Leben so schreibt, lassen sich leider nie so wiedergeben, wie sie passieren. Wir versuchen es trotzdem einmal.

Infrarot?!?

In jeder größeren Stadt, die etwas auf sich hält findet sich einer dieser aus der Werbung bekannten Elektroläden. Selbst im tiefsten Ostfriesland. Es ist Samstag, 18:45 Uhr, kurz vor Ladenschluss. Wir sind auf der Suche nach einem Stift, mit dem der Nutzer in die Lage versetzt werden soll, echtes Geld von Gefälschtem zu unterscheiden. Per Webseite erhalten wir die Auskunft, wo ein solcher Stift verfügbar ist und machen uns kurzerhand auf den Weg.

Gerade den zweiten Fuß durch die Ladeneingangstür (gibt es das Wort?-egal…) fangen wir einen uns entgegenkommenden Verkäufer um die 20 Jahre ab: „Moin!* Entschuldige, wo habt Ihr den Stift, mit dem man überprüfen kann, ob Geld echt ist?“ Binnen einer Sekunde folgen ein verwirrter Blick und die Rufe nach dem Kollegen „Herr Müller, weißt Du, ob…?“

Herr Müller, ebenfalls knapp über 20 Jahre, eilt herbei: „Einen Stift, mit dem man was?“ Unsere Antwort folgt im Gehen, denn der junge Mann eilt entschlossen zu seinem Computer. Wenn einer weiß, ob ein solches Zauberwerkzeug im Laden vorrätig ist, dann das System.

Nach mehrfacher Eingabe ohne Erfolg, fragt uns Herr Müller: „Wie heißt das Stift?“ Rabbi antwortet: „Geldscheinprüftstift.“ Dieses Mal ernten wir keinen verwirrten, sondern einen sehr mitleidigen Blick. Ich füge hinzu: „Schatz, diese Generation kennt kein Bargeld mehr“. Herr Müller lacht bestätigend: „Jo, dat stimmt wohl. Sagen Sie, ist der Stift mit Infrarot?“

Jetzt sind wir es, die lachen. „Nein, ein völlig analoger Stift.“ Es folgt eine kurze Erklärung unsererseits zur Handhabung. Herr Müller ist perplex. Von einem solchen Wunderstift hatte er noch nie gehört. Ein weiterer Kollege kommt hinzu.

Liebenswerte Selbstironie

Herr Müller fragt: „Sag mal kennst Du das? Einen Stift, mit dem man Geld prüfen kann?“ An dieser Stelle müssen wir es erneut zugeben. Wir leben in Stereotypen. Is so. Nicht rechts, nicht links, nichts dazwischen. Wir denken einfach in Klischees. Und dieser junge Mann, um die 30 Jahre, wirkte auf uns auf Anhieb sehr kompetent, was das Prüfen von Geldscheinen betraf. Seine Antwort: „Na klar! Allerdings kenne ich diesen Stift auch nur, weil ich ihn selbst öfter benutze.“

Dies war einer dieser Momente, in denen einem bewusst wird, dass die Hirn-Mund-Kommunikation einige Defizite aufweist. So auch in diesem Fall. Kaum war der Satz ausgesprochen, mussten wir alle lachen.

Beim entsprechenden Regal angekommen, lachten wir immer noch, während Herr Müller, den Stift in seinen Händen haltend, ungläubig nach etwaigen USB-C-Anschlüssen und Infrarot-Pointern suchte. Wir verabschiedeten uns, dankten und wünschten uns noch ein schönes Wochenende.

Abschließend

Da mir einfach so überhaupt kein Abschluss einfällt, folgt nun ein schöner plattdeutscher Schnack. Völlig am Zusammenhang vorbei, aber es muss ja auch nicht alles immer einen Sinn machen, nicht wahr?

„Gönn di wat, ok wenn du in Noot büst, wat hest vun’t Leven, wenn Du doot büst!“ Viel Spass beim Übersetzen.

*„Moin“ ist bei uns zu jeder Tages- und Nachtzeit nicht nur zulässig, sondern gewünscht. „Moin, moin“ hingegen ist quasi Laberei und wird von manchen Ostfriesen auch als „klei mi ann mors!“ (gleichbedeutend mit „lmaa“) übersetzt. „Jo“ ersetzt im Übrigen Subjekt, Prädikat und Objekt, das heißt, es gilt als vollständiger Satz. Also denkt nicht, dass ein knappes „Jo“ unfreundlich wäre. Ganz im Gegenteil.

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