Geschichten

Frei von der Seele

Als wir 2018 das erste Mal mit einem Leihmobil Urlaub machten, waren wir sofort angefixt von der Offenheit, der Freundlichkeit und dem Wir-Gefühl der Camping-Gemeinde. Inzwischen sind wir, wie Ihr wisst, dauerhaft in unserer Elfie und erleben dadurch noch eine ganz andere Seite. Über eine davon, lasse ich mich hier einmal aus. Ich muss, denn es brennt mir auf der Seele.

Wertschätzung & Respekt

Natürlich sind wir alle durch unser individuelles Wertesystem geprägt. Keines davon ist deckungsgleich. Erschwerend hinzu kommt, dass jeder denkt, dass seine Werte für alle nachvollziehbar sind und vor allem, dass diese eine unbestreitbare Allgemeingültigkeit besitzen. Bei mir ist das natürlich nicht anders. Ein „Danke, Bitte“ oder das Grüßen gehören ebenso in meine Welt, wie das Bewusstsein, wann ich zu Gast bin und den damit verbundenen Respekt vor dem Eigentum anderer und deren Leistungen. Und ja, es macht mich wütend, wenn insbesondere Letztgenannte mit Füßen getreten werden.

Verständnislos

Ich hatte ja bereits erwähnt: ich habe wenig Verständnis dafür, wenn in der Camper-Gemeinde einige wenige meinen, sie müssten ihr Grauwasser einfach mal so laufen lassen. Das, was wir heute erlebten, hat allerdings den Vogel abgeschossen. Der Besitzer eines Clou-Liners („Dickschiff“) entsorgte, gemeinsam mit Unterstützung seines Schwagers, seine mindestens 150 Liter Grauwasser einfach mal so mit seinem Ablassschlauch in einen angrenzenden Kanalschacht. Ob auch Schwarzwasser dabei war, ließ sich nicht erkennen. Es roch allerdings verdächtig danach. Auf Nachfrage. was er denn wohl mit seinem Exkrementen machen würde, verwies er auf seine Kassettentoilette. Schon klar… Dass wir uns an der Grenze zu einem Naturschutzgebiet befanden, interessiert ihn ebenfalls so gar nicht. „Ja, ja, das weiß ich“, war seine Antwort. Und, was „Ja, ja“ bedeutet, wissen wir wohl alle.

Wie soll ich mich verhalten?

Jetzt können wir natürlich heiß und innig darüber diskutieren, ob er sich fehl verhält und der Umwelt durch sein Verhalten einen Schaden zufügt oder nicht. Fakt ist: Keine 13 Kilometer weiter ist eine Entsorgungsstation. Er zahlt hier nichts für den Platz, auf dem er steht und ich frage mich: muss ein solches Verhalten sein? Bin ich schrecklich spießig? Soll ich weggucken? Sind es Dinge, die mich nichts angehen? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich weiß nicht mal, was mich mehr ärgert: diese Selbstverständlichkeit, mit der er an die Seite fuhr, seinen Kollegen den Schlauch halten und die 150 Liter einfach in den Kanal laufen ließ oder die nicht geklärte Frage, ob er sich zuhause auch so verhalten würde. Ich werde es nicht herausfinden. Ich denke aber, dass ich mich weiterhin einmischen werde, denn in meiner Welt ist Respekt ein hohes Gut – und in dem Bewusstsein, dass das Leben im Wohnmobil sicherlich nicht zu der ökologischen Art des Lebens gehört, kann ich zumindest insofern meinen Beitrag leisten, dass ich meinen Müll trenne und mein Grauwasser an der Ablass-Station entsorge. Kanalschacht hin oder her.

Auswirkungen

Wenn ich hier so auf die Sahne haue, sollte ich auch ehrlich zu Euch sein: ich hatte danach so eine miese Laune – wir Friesen sagen dazu „Kackreize“ – dass ich erstmal ein neu angekommenes Pärchen ungerechtfertigter Weise anpfiff und gleich danach noch eines aus Frankreich. Total bescheuert. Bei Beiden Paaren habe ich mich hinterher entschuldigt. Der Französin brauche ich so schnell nicht wieder über den Weg laufen. Ihr Mann war etwas nachsichtiger mit mir. Ich kann sie verstehen, ich würde mich nach der Aktion auch doof finden. Mit dem deutschen Pärchen haben wir noch wirklich witzige Gespräche gehabt. Wäre schade gewesen, wenn ich uns diese Chance durch mein Verhalten verbaut hätte.

Update April 2023

Der Platz in Torrenostra, auf dem sich das Ganze Spektakel ereignete, ist inzwischen tatsächlich für Womos gesperrt. Findet den Fehler…

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