Geschichten

Insights unseres neuen Lebensabschnittes

Es ist Mai. Folglich sind inzwischen mehr als 20 Monate in unserem rollenden Zuhause rum. Die letzten fünf davon ohne Job. Ein guter Zeitpunkt also, um ein paar gemachte Erfahrungen vorzustellen.

Die aufgeführten Punkte sind hoffentlich hilfreich, um Euch tiefere Einblicke in unseren Alltag zu ermöglichen. Die 3-teilige, sehr persönliche Beitragsserie gliedert sich, wie folgt:

  • Insight: Leben im Kastenwagen (Teil 1),
  • Insight: Leben ohne Job (Teil 2) sowie
  • Insight: Achterbahn der Gefühle (Teil 3)

Insight: Leben im Kastenwagen (Teil 1)

Wie lebt es sich auf 12 qm? Zur Beantwortung dieser Frage lasst uns gemeinsam die rosa-rote Brille absetzen. Dass weißer Sandstrand, türkisfarbenes, klares Wasser, abwechslungsreiche Landschaften und tolle Menschen eine Umgebung schaffen, in der man sich richtig wohlfühlen kann, werden wir Euch nicht extra erzählen. Hier geht es um den Alltag. Quasi um die „B-Seite des Vanlifes“. Ehrlich, subjektiv und unspektakulär. Oder doch nicht? Bildet Euch am besten selbst ein Urteil.

Venga! Vamos! Beginnen wir bei unserem Haus auf vier Rädern. Bezüglich des Adria SGX 640 werden wir noch einen separaten Bericht schreiben, der sich insbesondere auf die Alltagstauglichkeit des Fahrzeuges beziehen wird. Hier geht es um die mehr oder weniger kleinen Herausforderungen, mit denen wir uns täglich auseinandersetzen und Empfehlungen, wie Ihr unsere Fehler vermeiden könnt.

Ordnung ist das halbe…Blabla?!

Empfehlung 1: Schafft Ordnung, haltet Sauber! Wer mit zwei oder mehreren Personen auf einem so kleinen Raum lebt, der braucht unserer Ansicht nach, einen gewissen Hang zur Ordnung & zur Sauberkeit. Wenn man bedenkt, wie wir unsere Eltern mit unserem Chaos so derart oft in den Wahnsinn getrieben haben, mag das ein bisschen abstrus von uns klingen.

Damit also die knappen 12 qm nicht zu einem lebendigen Albtraum werden, heißt es jeden Tag: Betten lüften, ausklopfen, richten, Tagesdecke drauf. Badezimmer & Klo putzen, Staub wischen. Wenn ein Teppich vorhanden ist – mehrmals täglich saugen, denn es fällt immer etwas herunter. Gestern war es eine volle Schüssel gekochter Reis. Herrlich, klebt so gar nicht das Zeugs…Wenn Ihr am Strand steht, solltet Ihr im Interesse Eures Interieurs auch ruhig öfter zum Wischlappen greifen. Nach jedem Essen möglichst fix abwaschen, damit der ganze Krams nicht festtrocknet oder sämtliche Reste in den Leitungen hängen bleiben.

Wenn Ihr all dies soweit erledigt habt, geht davon aus, dass insbesondere im Bad der Eindruck entsteht, Ihr hättet das Putzen an dieser Stelle vergessen. Das ist normal. Einmal umgedreht und bums, liegen die ersten, auf dem weißen Plastik sehr gut sichtbaren Haare und Fusseln wieder in der Duschtasse. Sand & Staub – Eure neuen Endgegner!

Empfehlung 2: Auf die Plätze! Alles an Zeugs, was rumfliegt nervt und schränkt das eh schon sehr reduzierte Platzangebot weiter ein. Kaffeetassen kippen fast täglich um. In der Regel passiert das nur, wenn diese gefüllt sind, wo bleibt auch sonst der Spaß, nicht wahr? Ihr solltet daher immer eine Rolle Hängeservietten (Küchenpapier) griffbereit haben. Eh ein Utensil, das Euer bester Freund werden wird.

Ebenso üblich ist es, dass mindestens einmal am Tag die Musikbox, das Handy, Tablett oder die Flasche Wasser auf den Boden donnern. Aufgrund dessen weist am besten jedem Teil seinen festen Platz zu. Bitte gibt Euch nicht der Utopie hin, dass Ihr deswegen nicht zu suchen braucht. Im Gegenteil. Ein Großteil Eurer Zeit besteht aus Suchen – nach der passenden Hose, dem T-Shirt, dem Kugelschreiber. Ihr glaubt gar nicht, wie viele Ecken und Nischen so ein Kastenwagen hat, indem die Dinge einfach zu verschwinden scheinen.

Übrigens – bei all Euren Aktionen besteht erhöhte Kollisionsgefahr. Egal, ob Miniatur-Mensch, so wie ich, oder Riese, so wie Rabbi, ewig klemmt Ihr Euch irgendwo ein Körperteil ein oder haut Euch den Kopf. Da muss man dann halt durch.

Wer von Euch Kinder hat sollte diese dazu animieren, Facharzt für Orthopädie zu werden. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Beruf in Zukunft aufgrund der Hüft- und Rückenschäden zahlreicher Camper und Van-Lifer (ich find das Wort übrigens sowas von doof! Alternativvorschläge? – bitte her damit!) eine immense Nachfrage haben wird.

Packt die Gummihandschuh ein…Handarbeit!

Empfehlung 3: Plant Eure Handwäsche & Duschtage! Da wir alle drei bis vier Tage das Klöchen entsorgen, nutzen wir diese Zeit zum Duschen und für das Waschen unserer Unnerbuchsen. Dazu haben wir ein Weithalsfass angeschafft. Also für die Wäsche, nicht zum Duschen – ist klar, oder? Die Zeit, in der wir in ein solches Fass passten, ist jahrmonde vorbei. Wie sehe das auch aus? Oskar aus der Tone 2.0…

Zurück zum Thema: Rabbi ist der Schleuder- und Trockenwaschgang, ich bin die Vor- und Hauptwäsche. Da es eh kein wirkliches Ökowaschmittel gibt, was man unbedenklich in die Natur kippen kann, wird das Waschwasser an der Servicestation ausgeschüttet. Hier können wir dann auch die Wäsche ausspülen und im Anschluss Frischwasser tanken. Läuft.

On-Top nutzen wir das Angebot der Waschsalons. Dabei hat sich ein vier-wöchiger Rhythmus herauskristallisiert. Waschmöglichkeiten gibt es in Spanien reichlich. So richtig happy waren wir bis jetzt erst in einem. Superneu, tolle saubere Maschinen, vernünftige Temperaturen und einen Trockner, aus dem die Wäsche so heiß wieder herauskam, dass wir diese kaum anfassen konnten. Wer mal in der Nähe ist, sollte seine Wäsche hier waschen: https://lacasadelaguavillajoyosa.negocio.site/?utm_source=gmb&utm_medium=referral

Minimalismus pur

Empfehlung 4: Akzeptiert, dass Dinge fehlen! Aufgrund des reduzierten Platzes haben wir einen sehr übersichtlichen Hausstand. Das ist auf der einen Seite ganz wunderbar, denn so sind wir quasi „entkomplexitisiert“. Allerdings erfordert das auch öfter mal ein gehöriges Maß an Improvisationstalent und natürlich vermissen wir zwischendurch die eine oder andere Herdplatte mehr, vernünftige Töpfe oder eine Pfanne, in der man wirklich Dinge anbraten kann.

Auf Fisch verzichten wir derzeit vollends. Leider! Dessen Zubereitung in der Elfie kommt für uns bislang nicht infrage.** So gut kann man einfach gar nicht lüften. Wer einmal beim griechischen Lieferservice Essen bestellt hat, weiß, wovon wir reden. Das Essen ist super, nur weiß man am dritten Tag immer noch, dass es Pommes und Gyros gab. Eigentlich ein ganz cooler Trick der Restaurantbesitzer, denn so hat man nach drei Tagen erneut Lust auf Souvlaki. Im Ernst: ab und zu nervt es, wenn man nur zwei Platten hat, wenig Platz, um die Sachen zu schnibbeln oder der Kühlschrank zu schnell aus allen Nähten Platz, weil man nun auch nicht jeden Tag Bock hat, einkaufen zu gehen.

Exkurs: Empfehlung 5: Überlegt, wie Ihr Zuhause esst! Wir haben es tatsächlich vor unserem Umzug geschafft, einen Großteil der auf dem Markt angebotenen Camping-Grills zu bestellen. Wir nutzen letztlich keinen davon bzw. haben diese wieder veräußert. Folgende Gründe haben uns dazu bewegt:

  • Wir haben im Haus zwar viel, aber nicht täglich gegrillt. Stellt Euch die Frage, wie es bei Euch aussieht. Vielleicht macht eine Induktionskochplatte mehr Sinn. Vorausgesetzt, der Strom reicht. Tipp: Testet einmal Zuhause, wie lange Ihr auf einer solchen Platte braucht, um Nudeln zu kochen oder ein Rührei zuzubereiten. Wer über eine App oder anderweitige Stromanzeige verfügt, wird erstaunt sein, wie sich der Verbrauch gestaltet.
  • Auf inoffiziellen, sowie offiziellen Stellplätzen sind das Grillen bzw. offene Feuer in der Regel untersagt. In Naturschutzgebieten und Wäldern sowieso. Überlegt Euch also, wo Ihr die meiste Zeit verbringen werdet.
  • Wir können den Platz, den wir durch den nicht vorhandenen Grill einsparen, effektiver nutzen.

Privatsphäre und Kuscheln…What the fuck?!

Empfehlung 6: Liebt Euch! Habt Ihr vor, als Paar oder Freunde in ein Wohnmobil zu ziehen. Egal, ob Kastenwagen/ Van, teil- oder vollintegriert, verabschiedet Euch am besten von Eurer Privatsphäre. Ihr werdet an Dingen teilhaben – visuell, auditiv und olfaktorisch, bei denen Ihr bislang bestimmt vermieden habt, ein Teil davon zu sein. Dat isso. Wände und Türen sind mehr Zierde, als alles andere. Wer sich hier dennoch in regelmäßigen Abständen zur Sexiest Woman bzw. Man Alive kürt, ist hart im Nehmen. Glückwunsch!

Eine weitere Sache möchten wir noch erwähnen: was uns wirklich fehlt ist das Kuscheln, nachmittags oder abends auf der Couch. Keine Angst, wir pflanzen Euch nun keine Bilder in den Kopf, die Ihr nicht wieder loswerdet. Wir reden von jugendfreien Zärtlichkeiten, für die unsere Dinette nix taugt.

Die kleine Heck-Couch Marke „Eigenbau“ nutzen wir aktuell so gut, wie gar nicht. Das Leben findet an der großen Tür der Elfie statt, nicht hinten im Auto.

Damit sind die Kuschel-Möglichkeiten auch schon weitgehend beschrieben, außer wir beziehen natürlich das Bett mit ein…Ok, nun habt Ihr doch Bilder im Kopf, sorry!

Vergesst also nicht, Zärtlichkeit und Nähe genug Platz einzuräumen, denn Ihr werdet Euch ein Vielfaches Eurer Zeit entweder getrennt nebeneinander oder gegenüber sitzen. Das kann auf die Dauer, dann doch etwas unbefriedigend sein.

Hier noch ein kleiner Hinweis zu den Hecksitzgruppen: So schön das ist, dass wir die Hecktüren aufmachen und von der Couch aus herausschauen können, in der Regel stellen wir uns nicht Tür an Tür mit unseren Nachbarn. Das gehört einfach zum guten Ton. Wenn Ihr also nicht gerade irgendwo ganz allein steht, gilt es zu entscheiden, ob Ihr Euren wundervollen Blick aufs Meer vom hinteren Teil des Womos genießen wollt oder Euch eher den ungeschriebenen Gesetzen von Stellplätzen hingebt. Alternativ könnt Ihr auch einfach Euren Teilzeitnachbarn fragen, ob es ihn stört, wenn Ihr Tür an Tür mit ihm steht. Das Leben kann so einfach sein.

Schlafen ist Luxus!

Empfehlung 7: Ohrstöpsel & Schlafmaske einpacken! Zu guter Letzt noch ein wesentlicher Punkt: der Schlaf. Wir gehören nicht zur Fraktion „Propfen in die Ohren und gut ist“. Wir schlafen ohne Hilfsmittel. Daher ist es auch so, dass wir echt oft, echt schlecht schlafen. Immer wieder neue Umgebungsgeräusche, andere Nachbarn, andere Straßen, nicht gelöschte Lichter, Regen, Wind, das viel zu kurze Bett. Dann muss man vielleicht nachts mal raus oder es steht die nächtliche Mückenjagd an. Schlafen ist auf jeden Fall etwas, das für uns zu einem echten Luxusgut geworden ist.

Seit wir unsere neue Matratze haben, schlafen wir sogar noch schlechter, weil uns ewig die Gliedmaßen einschlafen. Könnt fast ein Klassiker werden: wir schlafen nicht, aber unsere Hände.. Witz komm raus…! Daher werden wir auf dem Rückweg erneut bei dem Händler vorbeifahren, mal sehen, ob und wie wir eine Lösung finden. Bei einem ersten Anruf zeigte sich dieser wenig Serviceorientiert. Ganz im Gegenteil. Wir werden berichten.

Der Wettergott

Empfehlung 8: Seid wachsam! Einen haben wir jetzt doch noch für Euch. Das Wetter hätten wir fast vergessen. Es ist tatsächlich so, dass wir im vergangenen Jahr bei 133 km/h an der Nordsee standen und uns echt der Kackstift ging. Rabbi musste Nachts noch das Auto umparken, weil ich so einen Angst hatte, dass wir umkippen. Hier in Spanien ist es oft sehr windig. 80 km/h Böen sind keine Seltenheit. Ganz plötzlich und ohne großartige Vorwarnung. Gerade bei unseren Bergtouren, um die man hier einfach nicht umher kommt, bin ich da so ein bisschen skeptisch, wenn es von der Seite windet und mehrere hundert Meter in die Tiefe geht.

Hagel, Sturzregen, Sturm und Tornados – unsere potentiellen Angstgegner. Den ersten 2-3 cm großen Hagel und Sturzregen hatten wir vor zwei Tagen. Binnen 5 Minuten sind die Straßen übergelaufen. Steine mit einer Größe über 5-10 cm wurden einfach Richtung Meer gespült, nahmen den Sand mit und hinterließen an unterschiedlichen Stellen bis zu 30 cm tiefe „Minischluchten“. Das Meer färbte sich über mehrere Meter hinweg braun. Nicht schön! Aber die Bedingungen für solche Wetterkapriolen sind in Spanien bzw. in südlichen Gefilden nahezu perfekt.

Apropos Wind – Empfehlung 9: Ein Herz für Solartaschen! Wenn Ihr stolze Besitzer einer Solartasche seid, habt Ihr ziemlich viel richtig gemacht. Allerdings harmoniert diese nicht ganz so gut mit Wind. Also: am besten vernünftig fixieren oder eingepackt lassen. Aus eigener Erfahrung können wir sagen, dass die Dinger zwar einiges wegstecken, aber auch deren Resistenz gegen Schäden ist endlich.

Habt also immer schön ein Auge auf den Wetterbericht, egal, wo Ihr seid und rechnet damit, auch mal nachts spontan die Kurve kratzen zu müssen.

Dennoch können wir uns nicht auf jegliches Unheil vorbereiten. Soviel ist klar. Ich schaue aber trotzdem zwischendurch, ob es irgendwo Möglichkeiten zum Unterstellen gibt. Hoch gelegen, auf keinen Fall in einer Senke. Und wenn dann doch etwas passiert, dann soll es wohl so sein. So, das war es nun aber wirklich!

Wenn Ihr eigene Erfahrungswerte oder Fragen habt, schreibt uns gerne eine E-Mail oder hinterlasst ein Kommentar. Ich muss nun erstmal gucken, was mein Männe macht. Denn ich sitze heute im Salon und er in der Küche. Hasta luego, Guapos!

** Essen zu gehen ist in unserer finanziellen Situation zum echten Luxus geworden, daher ziehen wir es vor, selbst zu kochen.

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